Sich dem Unterbewusstsein absichtslos ausliefern- kein Denken, kein Bewerten, kein Golfen. Pure Bewegung. Übung.

Seiten

Google Website Translator Gadget

SPEED KILLS

Sie genießen Turnierrunden, die mindestens 5 1/2 Stunden dauern? Sie lieben Flightpartner, die vor jedem auszuführenden Schlag 5-8 Probeschwünge absolvieren und 10x vor jedem Schlag waggeln? Sie bewundern Mitspieler, die die hohe Kunst des akribischen Abschreitens der Distanz des zu spielenden Schlags beherrschen? Sie himmeln Golfer an, die vor einem 2m Bogeyputt minutenlang, geradezu in Trance verfallen, die Grünbeschaffenheit erkunden? Sie beneiden erfahrene Golfer, um ihre Fähigkeit, Birdiebooks vor dem Schlag ausgiebig zu studieren, um dann das Grün mit dem Eisen 8 um 15m zu überschlagen?

Dann müssen sie mit mir eine Turnierrunde spielen!

Ich versetze meine Mitspieler und die nachfolgenden Flights sowie anwesende Marshalls durch meine gewissenhafte Schlagvorbereitung meiner ca. 82 Schläge und Putts in euphorischen Hass. Man kennt mich unter meinem „nome de guerre“: Quick Nick.Zur Vorbereitung eines Turniers, bei dem es mir möglich erscheint mein Handicap zu verbessern, vermesse ich bereits Wochen vorher in frühmorgendlichen Trainingsrunden den Platz mit Hilfe meines Bushnells Laser Entfernungsmessgerät. Eventuelle Neigungen der Fairways in den zu erwartenden Landezonen meiner Abschläge werden punktgenau notiert. Die Grüns werden penibel inspiziert, detailgenaue Skizzen angefertigt, damit jeder Schlag ins Grün an den sicheren Seiten platziert werden kann. Nachdem in den frühen Morgenstunden meistens Greenkeeper auf dem Platz angetroffen werden können, werden diese nach der jeweils verwendeten Grassorte für Fairways und Grüns befragt. Für jede Spielbahn werden die vermeintlich zu spielenden Schläger ins Auge gefasst. Als Gameplanner in bester Langerscher Tradition versuche ich während der Turnierrunde von keiner Situation unvorbereitet überrascht zu werden.
Nach 10 Jahren Golferdasein bin ich stolzer (und von vielen beneideter) Besitzer von ca. 60 solcher detailgenauer „Birdiebooks“. Wobei ich, bezogen auf meine momentane Spielstärke, eher von „Parbooks“ sprechen möchte.

Sollte sie nun schon den Wunsch verspüren, mit einem Strategiepedanten wie mir spielen zu wollen, da sie zu der zunehmenden Schar von Golfern gehören, die Zeit für und Liebe zum Spiel mitbringen, möchte ich ihnen nicht vorenthalten was sie auf einer gemeinsamen Runde erwarten wird.

Nach ritualisierter Aufwärmphase auf Driving Range und Übungsgrün und dem unerlässlichen Autogenen Training vor dem 1.Abschlag (dass ich mich intensiv mit mentalem Training auseinandersetze, sollte für sie die logische Konsequenz meiner perfektionistischen Herangehensweise sein), trage ich mein Bag, dass logischerweise einen Satz perfekt auf meinen Schwung und Körpermasse gefitteter Custom-made Schläger beherbergt, ruhigen Schrittes zum 1. Tee.
Nach knapper aber freundlicher Begrüßung, beginnt nun die gewissenhafte Umsetzung meines Gameplans. Die Windrichtung wird mehrmals geprüft, das Zwischenziel vor dem Ball mehrfach penibelst angepeilt, einige Waggles vor dem Abschlag lockern nochmals die Muskeln der Arme und Hände, um dann einen leicht gehookten Ball ca. 220m weit ins linke Rough zu befördern. Für den nächsten Schlag nehme ich mir die Zeit so viele Probeschwünge zu machen, bis ich mir sicher bin, mit welchem Körpergefühl und welcher Ballflugkurve der Ball sein gedachtes Ziel erreichen soll. Dass die Windrichtung einige Male durch Rauszupfen von Fairway- oder Roughgras kontrolliert gehört, muss ich wohl nicht betonen. Dann wird mit dem imaginären Caddie die in Betracht gezogene Strategie kurz besprochen, dann noch ein prüfender letzter Blick auf das Birdiebook geworfen und die Entscheidung aus 128m doch ein E7 mit 80%iger Schwungdynamik 5m in die Welle hinter der Fahne zu schlagen, ist gefällt.
Nach 4-5 Löcher haben werden sie nun, eine mögliche Disqualifikation in Kauf nehmend, das Sekretariat per Handy anrufen, um den Marshall herbeizurufen, der mich auf Loch 8 dann beiseite nimmt und mir mit polizeilichem Gehabe mitteilt, dass er mich auf die Uhr genommen hat. Dank meiner beneidenswerten Fähigkeit durch Abschreiten der Grüns und ihrer Umgebung von allen Seiten, die Konturen der Grüns zu erfassen, spule ich stoisch unter den bewundernden Blicken meiner Flightpartner meine gesavten Pars und unglücklichen Bogeys herunter. Nach Loch 9 verzehre ich dann meistens alleinsitzend die Halfwaykost. Nachdem mich die angewiderten Blicke des nachfolgenden Flights ermahnen zu Loch 10 zu hetzen, lasse ich es mir dennoch nicht nehmen, meine Flightpartner nach dem Abschlag daran zu erinnern unsere Gehgeschwindigkeit zwischen den Schlägen zu erhöhen. Nach durchschnittlich 5 ½ Stunden, kurzer Verabschiedung und der folgenden kommentarlosen Scorekartenabgleichung, finde ich mich dann meistens allein auf der Terrasse des jeweiligen Clubs sitzend, mit nachdenklicher Miene meine Rundenaufzeichnungen studierend und darüber sinnierend, warum auf Loch 12 trotz perfekt umgesetztem Gameplans, der Bogeyputt ausgelippt ist. Meine Statistik sagt mir, dass ich 6 GIRs hatte, 10 Fairwaytreffer und nur eine durchschnittliche Puttleistung von 31 Putts zu Stande gebracht habe. Die Par 5s in 2 unter, die Par 4s in 8 über und die Par 3s in 2 über lassen mich nachdenklich werden, ob ich mich in der Woche vor dem Turnier genug meiner mittleren Eisen gewidmet hatte. Bei der Siegerehrung nehme ich dann demütig meinen Preis für den 3. Platz Netto mit 36 Punkten entgegen. Warum klatscht eigentlich nie jemand? Meistens merke ich dann immer wieder, dass ich mir mit meiner Entscheidungsfindung mehr Zeit hätte nehmen müssen. Hudeln bringt eben nichts beim Golf.

GOLF KOAN JANUAR 2009

Ein Single-Handicapper sprach den Meister Head Pro an:
"Sag mir deine Wahrheit über das Golfspiel."
Der Meister Head Pro sagte:
"Hör gut zu, aber erzähl es nicht weiter und behalte es für dich: Da ist nichts."

Später sagte der Meister Head Pro zu zu seinem Assistant Pro:

"Was für ein Theater!"